05. APRIL 2020

Gedanken zum Palmsonntag

Diese Erfahrung haben viele schon gemacht: ein beglückendes Fest, eine tolle Begegnung, hochjubelnde Gefühle – und kurz darauf ein totaler Einbruch.  Was bewahrt man von dem, was man in schönen Zeiten erlebt hat, auch unter Schwierigkeiten?  

 

Die Jünger Jesu hatten ein berauschendes Erlebnis, als sie mit Jesus nach Jerusalem kamen. Jubilierende Menschen, die Jesus wie einem Herrscher huldigten, und sie, die Jünger waren mittendrin. Sie mussten sogar Leute abhalten, die zu Jesus kommen wollten, um mit ihm zu reden. Auf sie hat der Glanz abgefärbt, den Jesus in diesem Augenblick ausstrahlte. Jesus war zurückhaltend und vorsichtig, weil er ahnte, was ihm bevorstünde. Die Jünger waren in ihrer Begeisterung nicht aufzuhalten. Was blieb davon, als die schlimmen Stunden kamen, die sich sehr schnell nach dieser Jubelphase einstellte? Was bewahren wir, von den schönen Erlebnissen, wenn wir jetzt in immer schwieriger werdenden Umständen leben und in unserem bisherigen Leben eingeschränkt sind, gar Angst haben vor etwas sehr Unbekanntem, das da in der Luft schwirrt?

 

Die Erinnerung an schöne Erfahrungen, wenn die guten Gefühle wieder lebendig werden, kann auch durch schwierige Zeiten hindurchhelfen und die Zuversicht geben, dass auch Schwierigkeiten ein Ende haben werden. Die Erinnerung kann dazu helfen, sich darin zu stärken, dass Gott es gut mit uns meint. Das ist wie ein Lichtschein, der durch alles hindurch begleitet. Auch wenn das Ende oft anders ist, als vermutet oder erhofft: Gott meint es gut mit uns und er ist bei uns. Das erzählt die gesamte Passionsgeschichte, der wir uns in dieser Woche nähern wollen, vielleicht auch eigene Erfahrungen darin entdecken?  Das Gute bewahren, auch wenn wir jetzt besonders gefordert sind und auch selber nicht wissen, wie das Ende aussehen wird, das ist so etwas wie eine Notration für die Bewältigung der Probleme.

 

Und noch eins: Im Wochenpsalm 143 heißt es im 10. Vers: „“Lehre mich tun nach deinem Wohlgefallen, denn du bist mein Gott“. Das heißt doch: trotz körperlichem Abstand offen und zugewandt bleiben, nicht gleiches mit gleichem zu vergelten, den andern spüren lassen, dass mich ihn oder sie respektiere wie sie sind“. Solches Handeln ermöglicht auch unter schwierigen Bedingungen beglückende Erfahrungen. Und die wünsche ich Ihnen, wo auch immer Sie sich engagieren und was auch immer Sie zu bewältigen haben. Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Palmsonntag.

Ihr

 

Klaus-Dieter Kottnik

 

 

Klaus-Dieter Kottnik ist Pfarrer der Württembergischen Landeskirche in Ruhe und Bundesvorsitzender der Bahnhofsmission.

 

Schreiben Sie ihm unter kd.kottnik@remove-this.bahnhofsmission.de