08. APRIL 2020

Gedanken am Mittwoch der Karwoche

Wir hören davon, dass die ersten Länder ihre Einschränkungen, die wegen der Coronaepidemie erlassen worden sind, zu lockern beginnen, z.B. Österreich. Wir spüren die Folgen bei uns, täglich mehr. Nicht nur das schöne Wetter, das es schwer macht, im Haus zu bleiben, beschäftigt uns, sondern die Menschen, die von Armut besonders betroffen sind und immer mehr auf Hilfe angewiesen sind. Die Stimmen nach einem Ende der Beschränkungen werden lauter. Und mancher kann seine Gefühle nicht mehr im Zaum halten.  Dass unter dem Druck von Verhältnissen auch das Ansinnen sich Raum verschafft, sich zu wehren, ist nicht außergewöhnlich.
In der besonderen Drucksituation, in der die Jünger standen, trat auch dieses Verhalten zutage. Bei der Verhaftung Jesu im Garten Gethsemane platzte Petrus der Kragen und er holte sein Schwert heraus. Fast besinnungslos wehrte er sich. Denn natürlich war das aussichtlos. Er hatte keine Chance, die Verhaftung abzuwehren. Jesus, der selbst unmittelbar betroffen war, rief: „Lasst ab! Nicht weiter!“ (Lukas 22, 51). Er ließ auch in dieser Situation von seiner Haltung, keine Gewalt und keine gegen Menschen gerichtete Wut zuzulassen, nicht ab.
Wir können Jesus in den Menschen sehen, die jetzt unmittelbar von der Epidemie betroffen sind, sei es durch die Krankheit selbst oder durch die Folgen. Alles zu tun, was ihnen dient, ist das Gebot der Stunde. Unter diesem Gesichtspunkt muss alles stehen, was wir tun und was wir erreichen wollen. „Lasst ab! Nicht weiter!“ Das heißt Geduld zu haben, das heißt aber auch stets zu reflektieren, was für die Situation menschendienlich ist.
Wir Menschen reagieren in vergleichbaren Situationen des Drucks ähnlich. Auf Jesus zu schauen, heißt auch zu erkennen, dass es darum geht, das Richtige in der Situation zu tun. Trotz seines unendlichen Leids war für Jesus sein Weg bis zum Kreuz das Richtige. Für uns kann das bedeuten, noch etwas mehr auszuhalten als bisher – um der Menschen willen.
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Mittwoch!

 

Ihr

 

Klaus-Dieter Kottnik

 

 

Klaus-Dieter Kottnik ist Pfarrer der Württembergischen Landeskirche in Ruhe und Bundesvorsitzender der Bahnhofsmission.

 

Schreiben Sie ihm unter kd.kottnik@remove-this.bahnhofsmission.de