25. FEBRUAR 2014

Was motiviert zu hohem ehrenamtlichen Engagement?

BERLIN. 800.000 Stunden im Jahr sind sie für andere da, jeder der 2.000 Ehrenamtlichen durchschnittlich 8 Stunden wöchentlich – ein im Vergleich überdurchschnittliches Mehr... Engagement. Kein Wunder also, dass die Mitarbeitenden der Bahnhofsmissionen in ihren blauen Westen deutschlandweit für verlässliche Hilfe stehen. Aber was genau ist ihre Motivation, was bewegt sie? Eine umfangreiche Studie, die erste dieser Art, liefert jetzt aufschlussreiche Informationen.

Menschen helfen und die Gesellschaft mitgestalten: Das sind die zwei Hauptgründe die ehrenamtlich Mitarbeitende für ihr Engagement in den Bahnhofsmissionen angeben. Darüber hinaus schätzen rund 61 Prozent – besonders jüngere Mitarbeitende – die Möglichkeit, Qualifikationen zu erwerben. Denn die Bahnhofsmission legt Wert darauf, alle Helferinnen und Helfer umfassend für ihre anspruchsvollen Aufgaben zu schulen. So verwundert es nicht, dass 90 Prozent der Befragten sagen, dass das Ehrenamt ein bedeutsamer Teil ihres Lebens ist.

Einsatz bis zu drei Tage pro Woche

„Insgesamt stellen die Helfer in der Bahnhofsmission deutlich mehr Zeit für die freiwillige Arbeit zur Verfügung als dies der durchschnittliche Ehrenamtliche¹ tut“, beschreibt der Diplom-Pädagoge Andreas Beusker ein weiteres Ergebnis seiner Studie. So arbeiten 60 Prozent einmal pro Woche in der Bahnhofsmission, 27 Prozent zweimal pro Woche und jeder Zehnte sogar an drei Tagen – durchschnittlich acht Stunden pro Woche. „Möglich wird dies dank fester Dienstzeiten und verlässlicher Planungen“, so Beusker, dessen Studie im Rahmen seiner Promotion an der Uni Bielefeld entstanden ist.

Das zeitaufwendige Engagement steht im Zusammenhang mit der Tatsache, dass viele der Ehrenamtlichen über 50 Jahre alt sind und ihre Kinder bereits erwachsen; 34 Prozent befinden sich im Ruhestand. Zwei Drittel der Ehrenamtlichen sind weiblich, die meisten haben einen Schulabschluss und eine Berufsausbildung. Sie sind interessiert an Politik und schätzen ihre wirtschaftliche Lage besser ein als die wirtschaftliche Lage in Deutschland. Rund 65 Prozent der Menschen, die sich in der Bahnhofsmission, einer Einrichtung mit christlicher Tradition, engagieren, gehören der evangelischen oder katholischen Kirche an.

„Dies kann ein Hinweis darauf sein, dass Bahnhofsmissionen abseitig etablierter Gemeindestrukturen eine Heimat für Menschen bieten, für die es zum gelebten Christ-Sein in erster Linie gehört, sich diakonisch-karitativ zu engagieren“, vermutet Dr. Gisela Sauter-Ackermann, Geschäftsführerin der Kirchlichen Konferenz für Bahnhofsmissions (KKBM). "Ihrem Leitbild entsprechend steht die Bahnhofsmission aber ausdrücklich Menschen aller Kulturkreise, Ethnien und Religionen für ehrenamtliches Engagement offen", so Sauter-Ackermann. Die Studie verdeutliche, dass eine entsprechende Diversität noch nicht Alltag in den Einrichtungen sei und neue Wege eingeschlagen werden müssten, um die selbstgesetzten Ziele zu erreichen.

Hohe Zufriedenheit mit anspruchsvoller Aufgabe

Für ein erstaunliches Ergebnis sorgt die Frage nach der Zufriedenheit der Ehrenamtlichen. 94,2 Prozent geben an, mit ihrer Tätigkeit im Allgemeinen zufrieden oder sehr zufrieden zu sein. Und das, angesichts der hohen und vielfältigen Anforderungen an die Arbeit in den Bahnhofsmissionen. Um den täglichen Einsatz für gestresste Reisende und Menschen in sozialen Schwierigkeiten professionell bewältigen zu können, bedarf es aus Sicht der Mitarbeitenden unter anderem hoher Einsatzbereitschaft, Belastbarkeit, einem guten Zeitmanagement, Organisationstalent und Ideenreichtum.

Nachdenklich macht in diesem Zusammenhang eine andere Zahl: 17,8 Prozent geben an, im Dienst zumindest manchmal überfordert zu sein. „Hier müssen wir ansetzen bei der künftigen Entwicklung und Förderung des Ehrenamts in den Bahnhofsmissionen", sagt Christian Bakemeier, KKBM-Geschäftsführer. „Wie viel an hauptamtlichem Einsatz ist nötig? Sind 200 festangestellte Mitarbeitende² ausreichend? Wie können wir zusätzliche Fortbildungen finanzieren und mehr Zeit für Teamgespräche, Steuerung und Organisation anbieten?“

„Die Studie zur Motivation der Ehrenamtlichen bei den Bahnhofsmissionen zeichnet ein vielschichtiges und positives Bild des freiwilligen Engagements“, freut sich Sauter-Ackermann. „Sie gibt differenziert Aufschluss darüber, was die rund 2.000 Mitarbeitenden zu ihrer Arbeit in den 103 Bahnhofsmissionen bewegt.“ Jedes Jahr helfen sie rund zwei Millionen Gästen insgesamt fast fünf Millionen Mal. „Mit dieser Studie zum Ehrenamt, die mit Unterstützung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend entstanden ist, möchten wir uns an der breiten öffentlichen und fachlichen Diskussion um das zivilgesellschaftliche Engagement in unserer Gesellschaft beteiligen", betont Bakemeier.

¹Gensicke, Thomas, & Geiss, Sabine. (2010). Hauptbericht des Freiwilligensurveys 2009: Zivilgesellschaft, soziales Kapital und freiwilliges Engagement in Deutschland 1999-2004-2009; Ergebnisse der repräsentativen Trenderhebung zu Ehrenamt, Freiwilligenarbeit und Bürgerschaftlichem Engagement München.

²Weitere Mitarbeiter sind als „Mini-Jobber“ oder „1-Euro-Jobber“ bei der Bahnhofsmission tätig.

Die Studie „Ehrenamt bei der Bahnhofsmission“ finden Sie hier zum
Download.

 

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